Kriegsjahre

Während der Kriegsjahre leitete der talentierte Martin Franke die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes und die Nachwuchsförderung. Waren bisher bei uns Jugendliche nicht in geschlossenen Jugendmannschaften aktiv, so hatte die Ausstrahlung des Fußballspiels zur Folge, dass Jugendliche und auch Kinder auf Straßen und Plätzen einem runden Ding, manchmal sogar einem echten Fußball, nachjagten. Dieser Umstand veranlasste Lehrer Leo Kammer von der Volksschule Lustheide Straße, den jungen Paul Stahlschmidt mit der Bildung einer Vereinsjugendmannschaft zu beauftragen. Mit dem Eintrittsdatum dieses Spielers in den Verein, dem 1.4.1918, kann man den Beginn unserer Jugendabteilung festlegen. Es ist uns eine Freude, diesen Veteranen unseres Vereins als heute 91-Jährigen gut versorgt im Vingster Seniorenheim zu wissen.

Erst gegen Ende des 1. Weltkrieges wurde die Vereinsarbeit kurz unterbrochen. Obwohl 30 junge Menschen nicht in unseren Kreis zurückkehrten, blühte trotz Elend und Not das Vereinsleben wieder auf. Die Freude des Wiedersehens, das Daheimsein und die Gewissheit, dass die Tage des Schreckens vorüber waren, werden die Kraft zu diesem Elan gegeben haben.

Während danach die 1. Mannschaft in der A-Klasse des rheinischen Südkreises mit wechselndem Erfolg spielte, aber nie in Klassenschwierigkeiten geriet, etablierten sich die A1-Jungen zu einer Erfolgsmannschaft. Bereits 1920 überlegener Gruppenmeister, unterlag sie mit 1:2 im Endspiel um die rechtsrheinische Jugendmeisterschaft.

Bereits im folgenden Jahr erreichte sie das Endspiel um die Kölner Jugendmeisterschaft, das in der Verlängerung 1:2 gegen den K.C.F.R. auf dem KBC Platz verloren wurde.

Meistermannschaft 1913/14
J. Klein, K. Behner, M. Franket, Math. Ahmann, Mich. Krämer, Fr. Zeheng, Fr. Friesenberg, W. Raderschatt, Jos. Unkel, Ludh. Ahmann und Fritz Weichold

Die 1.Vingster Jugendmannschaft im 2. Spieljahr
Lehrer Leo Kammer, Willi Braun, Karl Behner, Paul Stahlschmidt, Jean Specht, Josef Krämer, Jean Huck, Willi Hoser, Georg Hackbardt, Max Stollenwerk, Willi Becker und Peter Hachenberg.

 

Diese Mannschaft um Stahlschmidt und Stollenwerk verstärkte 1922 unsere 1. Mannschaft, die eines der ersten Spiele in V.F.B. Hilden absolvierte, wo der Unparteiische nicht anpfeifen wollte, da von Vingst nur eine Jugendmannschaft angereist war. Nach Klärung der Sachlage begann das ungleiche Spiel, das zum Erstaunen aller 2:2 endete.

Die sich anschließenden Erfolge dieser Nachwuchself belebten das ganze Vereinsleben. Die internationale Begegnung mit dem Footballclub Enschede und eine 14-tägige Reise nach Sachsen mit Spielen in Chemnitz, Flauen und Olbernhau vollzogen sich in einer Zeit, die dem Höhepunkt der Inflation entgegeneilte. Nach der Lohnauszahlung am Wochenende wusste man mitunter nicht, wie sonntags das Fahrgeld zum auswärtigen Spiel aufgebracht werden konnte.

Nachstehend ein kurzer Überblick über die Geldentwertung:


1 Dollar (Januar 1919) = 7,95 RM
1 Dollar (Dezember 1921) = 184,- RM
1 Dollar ( Dezember 1923) = 4.200.000.000.000, – RM

 

Trotz dieser Entwicklung wuchs der Verein und verwirklichte Breitensport. Die Jugendabteilung musste bereits 1925 zeitweise Aufnahmesperre aussprechen, um den Zustrom der Jungen und Jüngsten zu bremsen, die bereits seit 1923 in Schülermannschaften (unter 14 Jahren) spielten. Dieser Andrang ereignete sich in einer Zeit, in dem im Anschluss an die Inflation in den meisten Familien wirtschaftliche Not herrschte. In einer Vingster Schulklasse von 24 Schülern waren die Väter von 22 Kindern arbeitslos. Bei einem Spiel der Kleinsten in Deutz leitete ein Schiri, der in Ermangelung einer Armband- oder Taschenuhr die Spielzeit mit einem Wecker kontrollierte.

                                                                                                                                                   Gruppenmeister der Klasse A und Aufsteiger zur Liga 1926

 

Die erfolgreiche Verjüngung der 1. Mannschaft wirkte sich bereits 1926 mit Erringung der Meisterschaft in der Klasse A und dem Aufstieg in die höchste Spielklasse des Westdeutschen Spielverbandes aus.

Die spielerische Qualität war so gut, dass Spieler wie Cl. Stahl, P. Enders, M. Stollenwerk und P. Stahlschmidt mehrfach in der Kölner Stadtmannschaft repräsentativ spielten. Die Bedeutung dieser zumeist internationalen Begegnungen entspricht ungefähr den heutigen UEFA-Cup-Spielen. Besonders P. Stahlschmidt war Stammspieler dieser Elf mit Swatosch, Euler, Karges, Rehkessel, Pelzer, Ullrich und Schröder. Von den großen Begegnungen waren die Spiele gegen London, Bern, Amsterdam, Den Haag, Stockholm sowie gegen die Olympia-Auswahl Chile in Amsterdam herausragend.

Die Gegner der 1. Mannschaft wie Al. Aachen, Eintr. und Bor. Mönchengladbach, Rheydter Spielverein, Tura und F. V. Bonn und die Namhaften Kölner Klubs sind heute noch ein Begriff für gute sportliche Leistung, und die Spielbegegnungen lockten mitunter Tausende Besucher an.

                                                                                                    Tura Bonn – Vingst 05 2:2

 

Das verpatzte Meisterschaftsjahr 1928 brachte uns zwar den Abstieg aus der Liga, beeinflusste aber nicht das stete Wachsen unseres Vereins.

Gestützt auf eine gute Jugendabteilung und die spielerische Substanz von 4 Seniorenmannschaften festigte sich die 1.Mannschaft wieder schnell und war im Jubiläumsjahr 1930 wieder Gruppenmeister und Aufsteiger in die Gauliga.

Meistermannschaft Spieljahr 1929/30

Obmann Moos, H. Benke, P. Enders, Cl. Stahl, H. Raderschatt,

I. Maag, P. Stahlschmidt, F. Neu, M. Stollenwerk, K. Pulcher,

N.Joisten, H. Limbach, W. Richmann und 1. Vors. Leo Kammer

 

Es ist nicht verwunderlich, dass die Jugendabteilung sehr schnell und trotz des Räumlich klein gewordenen Ortes infolge der Eingemeindung zu einem Qualitätsbegriff wurde, da im Vorstand des Jubiläumsjahres mit dem 1. Vorsitzenden L. Kammer und dem Jugendleiter H. Siegburg zwei Lehrer der Vingster Schulen sehr aktiv waren. Auch in der Folgezeit wurde die Fußballbegeisterung in den Schulen durch verdienstvolle Vereins- und Vorstandsmitglieder früh geweckt und gefördert. Hier ist besonders P. Jochheim, Vorstandsmitglied und Chronist des SSV unseres Ortsteiles Vingst zu nennen.